Meinen Weg zu Martins Wohnung zu finden im Neunten Bezirk ist nicht einfach, obwohl einen Steinwurf von der Wohnung meiner Freundin entfernt. Er scheint in einer Straße mit Tarnkappe zu wohnen. Mein Taxilenker fährt dreimal entlang, ohne zu verstehen, dass er längst dort oder schon vorbei ist.
Nach einer Kletterei öffnet sich die Tür zu einer Musikerwohnung. Ein wesentliches Merkmal ist eine Wand mit CDs, die China vor einer Invasion bewahren könnte. Sie ist nicht nur unglaublich vollständig, sie enthält auch Scheiben, die man nirgends finden kann. Dort in der Ecke steht seine Mac-Ausrüstung, auf welchem eine Anwendung für das Masterig von Musik läuft. Seine Axt, vulgo Gitarre, steht auf einem Gestell, bereit zum spielen. Dieser Ort bietet eine rohe, offene, weitläufige Ungeordnetheit für einen Mann, den Null interessiert, außer Klang und das richtige Leben.
Nach ein wenig gemeinsamer Arbeit am Mastering sprachen wir über ein anderes Siewert-Projekt, über ein Konzert, das im Web übertragen werden soll. Es sollte ein langes Video werden, mit einer sehr niedrigen Sreaming-Rate übertragen. Jetzt ist es sichtbar und es erscheint als winzige Postkarte: Abstrakt, verpixelt und auf geheimnisvolle Weise faszinierend. Selbst die kleine, unruhig animierte, eine halbe Handfläche große visuelle Information gibt einen Eindruck von Größe und Selbstvertrauen in Siewerts Bühnenerscheinung, seinen Gigs im Porgy & Bess, Wiens erstrangigen Jazzclub. Auf der Bühne, versteckt vor den Blicken, ist seine Batterie von schwarzen analogen Boxen, schreiend, robust wie die Feedbacks einer große Fender aus einem Turm von Woodstock-Verstärkern. Aber was mir an Siewert zu Herzen geht ist der andere Siewert, der winzige Fragmente von Gitarre auf Sachen in D-Dur klebt und das ist das Besondere dieses Komponisten – seine zwei Welten – sein Großes und sein Kleines.
Sehn Fruon