Johanna an jenem Sommertag.
Am ersten Abend saßen wir dort drüben, der Regen schnitt in die nicht-heiße Luft und Johanna lehnte sich zurück in ihrer Bank und nahm einen prüfenden Schluck des wässrigen Weins, ihr erster Wein nach langer Zeit. Iby suchte im Menü und nachdem sie nichts fand, kehrte ihr Blick einer Sehenden zurück zum Trio, ich dachte an ihre Kindheitsfotos, lockig und hinausblickend in die Welt. Wir hatten gerade „Erwachen” gemacht. Drei Violinen, drei Abschnitte aus dem Leben einer Komponistin, drei großartige Spielerinnen, drei Stunden und mehr, die Regler einzustellen und unsere Ohren. Auf den weichen hohen Beginn (ein Himmel ohne Regen), auf die sich türmenden Kaskaden von Noten, überraschend hereinbrechend wie ein Sturmwind in J.D.s geliebten Alpen. Der Regen tat uns nichts, wir saßen unter dem Vordach eines Restaurants und Lichter strahlten in den Regen, jeden einzelnen Tropfen beleuchtend wie eine Note in Doderers Musik.
(Wochen später)
Johanna lehnte sich über einen hölzernen Tisch, gedeckt von Sommersonne, hitzig und gelb, wie Maler sie sehen. Die Sonne drapierte eine wunderbar träge Hitze über unsere gekühlten Kaffeetassen und Johanna lehnte sich über das weiße Blatt, Noten in einem 3/16 Takt zu zeichnen. Während sie das tat, trat jener Ausdruck der Konzentration in ihre Züge, jener Blick, den man sieht, wenn Menschen, deren Arbeitsplatz das Papier ist, von ihnen Besitz ergreift, sobald sie ihr Material berühren. Man kann es die strahlende Fixiertheit der Komponisten bei der Arbeit nennen. J.D. bei der Arbeit ist singulär, wie ihre zerklüfteten urtümlichen Alpen, sie hat mir Fotos in einem kleinen weißen Kuvert überreicht, Fotos von ätherisch hohen Gipfeln. Sie hat sie erklettert.
Ihre Oper war fertig. Sie konnte den Morgen genießen. Sie lächelte ob ihrer kleinen Zeichnung und überreichte sie zur Prüfung, sie hielt erst sie schräg und dann ihren Kopf.
Sehn Fruon
(übersetzt von I.-J.V.)
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